Märchen und Gedichte für die Seele

Spuren im Schnee …

Eine Weihnachtsgeschichte

Frau Bär seufzte. Ein nervöses Gribbeln machte sich im Bauch bemerkbar. Allein der Gedanke an Weihnachten versetzte sie in Stress. Frau Bär dachte an all die Dinge, die sie vor Weihnachten erledigen wollte: Kekse backen, die Bärenhöhle auf Hochglanz putzen und weihnachtlich dekorieren. Selbstverständlich wollte sie auch für all ihre Lieben ein passendes Weihnachtsgeschenk haben. Auf die Weihnachtsfeier, die die Waldtiere jedes Jahr veranstalteten, wollte sie auch nicht verzichten und den einen oder anderen Adventmarkt möchte sie auch besuchen. Die Zeit vor Weihnachten war bei Frau Bär eigentlich nur von Hektik und Stress geprägt und war grundsätzlich für ihre vielen Vorhaben immer zu kurz. Eine weihnachtliche Stimmung oder Vorfreude  verspürte sie deshalb nie. Jedes Jahr dasselbe. Der Heilige Abend kam und war im Nu auch schon wieder vorbei. Hinterher kam das große Aufräumen und Umtauschen, weil das passende Geschenk doch nicht so passend war. Nein, Frau Bär freute sich gar nicht auf Weihnachten. Von ihr aus konnte Weihnachten ruhig abgeschafft werden …

24.12. – Heiliger Abend. Frau Bär kroch schwerfällig und müde aus ihrem Bett. Die letzten Wochen waren anstrengend gewesen. Trotzdem freute sie sich jetzt auf das gemütliche Zusammensein mit ihren Freunden, die sie vor Einbruch der Dunkelheit erwartete. Sie wollte die letzten Vorbereitungen treffen und dann stand einem perfekten Fest nichts mehr im Weg. Rechtzeitig schob sie den Weihnachtsbraten in den Ofen und bereitete die Keksteller vor. Heuer hatte sich Frau Bär selbst übertroffen – so viele Sorten hatte sie noch nie gebacken. Sie betrachtete ihre Bärenhöhle und war zufrieden mit dem Ergebnis. Der Weihnachtsbaum war festlich geschmückt, darunter lagen die Geschenke schön eingepackt. Und nun begann auch der Braten im Ofen zu duften. Es hatte den ganzen Tag geschneit und die Welt war wie in Watte eingepackt. Nun hatte es aber zu schneien aufgehört und der Himmel war sternenklar. Es würde eine kalte, frostige Nacht werden. Draußen war es dunkel geworden, aber die Gäste ließen auf sich warten. Frau Bär stand am Fenster und schaute in die Nacht hinaus. Je später es wurde  desto größer wurde auch die Sorge um ihre Freunde. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus und beschloss sich auf den Weg zu machen, um ihre Freunde zu suchen. Der Braten im Ofen war inzwischen trocken geworden. Traurig sah sie auf all ihre Vorbereitungen, die sie nun einfach zurücklassen musste, weil keiner von ihren Freunden gekommen war. Bestimmt war etwas Schlimmes passiert, weil keiner kam …

Frau Bär stapfte durch den frisch verschneiten Schnee. Der Mond schien hell und leuchtete ihr den Weg. Als erstes kam sie bei ihrem Freund, dem Igel, vorbei. Er wohnte gut versteckt unter einem Laubhaufen, wo er es wohlig warm hatte. Doch niemand war im Laubhaufen zu finden. Sie sah die Igelspuren im Schnee, die aber nicht zur Bärenhöhle führten, sondern in die andere Richtung … Aufgeregt beschloss Frau Bär den Spuren zu folgen. Sie staunte nicht schlecht, als sie bei dem hohlen Baumstamm, wo eine Familie Waldmäuse lebte, ankam. Vorsichtig klopfte sie an. Doch heute steckten keine neugierigen Mäusekinder ihre Köpfe heraus, um zu sehen, wer auf Besuch kam. Frau Bär hatte sich das fast schon gedacht, denn viele kleine Mäusespuren führten vom Baumstamm weg. Wo waren der Igel und die Mäuse wohl hingegangen!? Neugierig verfolgte sie die Spuren weiter. Sie führten zum Sepp ums Eck, dem Bieber. Normalerweise brannte bei dem fleißigen Bieber immer Licht, aber heute war es auch dort finster. Die Spuren im Schnee wurden immer mehr und Frau Bär wurde immer aufgeregter. Ein Knarren ließ sie aufhorchen. Plötzlich standen zwei seltsam gekleidete Männer vor Frau Bär. Einer der Männer sagte: „Ein Engel ist uns erschienen und er verkündete uns die frohe Botschaft, dass uns der Heiland, der Retter geboren wurde.“ Frau Bär ließ den Mann erst gar nicht ausreden, schüttelte verständnislos den Kopf und meinte: „Ihr seid wohl auch ordentlich eingeraucht!“ Sie ließ die beiden einfach stehen und setzte ihren Weg unbeirrt fort. Da hörte Frau Bär ein Knirschen im Schnee und drehte sich um. Der schlaue Fuchs kam aus den Büschen hervor und lief an ihr vorbei. „Hallo, Herr Fuchs!“, rief sie. „Wo seid ihr denn alle!?“ Aber der Fuchs schien es eilig zu haben und Frau Bär verstand nicht mehr als: „Ja, weißt du denn nicht …!?“ Verärgert schüttelte sie den Kopf. Nein, was konnte nur so wichtig sein, dass all ihre Freunde sie versetzt hatten!? Das wollte sie jetzt unbedingt herausfinden.


Tapfer stapfte sie weiter durch den Schnee und plötzlich stand sie vor  einer alten, unscheinbaren Holzhütte. Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt. Doch plötzlich gab die Tür nach, Frau Bär verlor den Halt und plumpste tollpatschig in die Hütte. “Pst!“, machte der Esel verärgert. „Das Kindlein schläft doch!“ Frau Bär rappelte sich wieder hoch und sie traute ihren Augen nicht. Da lag es. Das Kindlein in Windeln gewickelt auf Heu und auf Stroh in einer Krippe. Und die zwei Gestalten neben der Krippe mussten wohl Josef und Maria sein. Ehrfürchtig kniete sie sich nieder. Da öffnete sich die Türe noch einmal und die zwei Männer, die sie bereits im Wald getroffen hatte, betraten den Stall. Jetzt erst erkannte Frau Bär, dass es sich bei den Männern um Hirten handelte.
Ihr Blick schweifte durch den Stall und sie sah all ihre Freunde rund um die Krippe stehen. Alle bestaunten das Kindlein und ein unbeschreibliches Gefühl der Liebe und Freude war zu verspüren. Die Mäusefamilie sang Stille Nacht, heilige Nacht und alle lauschten dem Gesang. Es war eine so wundervolle, weihnachtliche Stimmung in diesem einfachen Stall. Ganz unerwartet und überraschend war Frau Bär auf einmal mitten drin und ein Teil der Weihnachtsgeschichte …

Frau Bär gähnte und streckte sich. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, als sie an ihren Traum von letzter Nacht dachte. Frau Bär aus ihrem Traum hatte vor lauter Hektik und Stress total vergessen, worum es Weihnachten wirklich ging – um das Kind in der Krippe … Nein, so wie Frau Bär aus dem Traum wollte sie nicht sein … Deshalb nahm sie sich für dieses Jahr vor, die Adventszeit und dann Weihnachten viel bewusster und besinnlicher zu erleben. Sie wollte weniger Geschenke kaufen und dafür mehr Zeit mit ihren Lieben verbringen. Schließlich war Weihnachten ja das Fest der Liebe und Freude …

Ich wünsche euch, dass ihr die Adventszeit ganz entspannt genießen könnt und ein wunderschönes, harmonisches Weihnachtsfest!

Cornelia

2 Kommentare

  1. Sylvia Burgstaller

    Hast dir wieder eine sehr schöne Geschichte einfallen lassen, Cornelia ?

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