Platz ist in der kleinsten Hütte …
Es war einmal eine kleine Maus mit einem seidig glänzenden Fell. Sie war sehr fleißig und emsig, stets bemüht ihre Aufgaben zeitgerecht und zur Zufriedenheit aller zu erledigen. So stand sie jeden Tag frühmorgens auf, schnallte sich ihren Rucksack um und machte sich auf den Weg um Nüsse und Beeren für den Winter zu sammeln. Eigentlich reichte der Vorrat schon für einen strengen Winter aus, sie würde bestimmt keinen Hunger leiden müssen. Aber sie war der Meinung, man konnte nicht genug vorsorgen.
Die kleine Maus war so vertieft beim Einsammeln der gerade entdeckten Haselnüsse, dass sie ein vorbeikommendes Eichhörnchen gar nicht bemerkte. Das Eichhörnchen hüpfte von Ast zu Ast und schaute der Maus neugierig zu. „Was machst du mit den ganzen Haselnüssen“, fragte es die Maus keck. „Dein Rucksack ist schon so voll und schwer, wie willst du den noch tragen?“, schnappte sich eine Nuss, knackte sie und aß sie genüsslich. „He, lass meine Haselnüsse in Ruhe, ich habe sie zuerst entdeckt!“, entgegnete die Maus genervt über den kleinen Störenfried. „Ich glaube, es sind genug Haselnüsse für uns beide da!“, meinte das Eichhörnchen augenzwinkernd. Da das Eichhörnchen spürte, dass die Maus kein Gespräch führen wollte, sondern nur darauf bedacht war, ihren Reichtum an Nüssen zu vermehren, machte es sich weiter auf seinem Weg.
Es wurde Winter, der Schnee kam, hüllte die Natur in eine weiße Schneedecke und es war bitter kalt. Die kleine Maus hatte ihren Rucksack voller Beeren und Nüsse, aber sie hatte vergessen in der warmen Jahreszeit Moos, Grashalme und Blätter für ein warmes Nest zu sammeln. So kam es, dass sie bitterlich fror. Sie stapfte einsam und verlassen durch den verschneiten Winterwald. Wie gerne hätte sie sich jetzt ein warmes, kuscheliges Nest mit ihren ehemaligen Freunden geteilt. Traurig dachte sie an ihre Freunde zurück, für die sie sich keine Zeit genommen hatte, weil sie viel zu beschäftigt war mit Vorräte sammeln. Sie hatte sich keine Zeit genommen um mit ihnen zu plaudern, zu tanzen, zu spielen … und irgendwann hatte keiner mehr Lust ihr hinterher zu laufen und die anderen Mäuse ließen sie links liegen … Jetzt aber wo die kleine Maus fror, einsam und verlassen im Winterwald stand, wurde ihr klar, wie wichtig Freunde waren und wie wenig ihr die im Überfluss gesammelten Beeren und Nüsse halfen. Der eisige Wind wehte ihr um die Ohren und sie stapfe mutlos mit gesenktem Kopf weiter.
Es war schon dämmrig, als sie plötzlich mit etwas zusammenstieß und sie rücklings auf den Boden fiel. Ehe sie sich versah, fragte eine besorgte Stimme: „Hast du dir weh getan und was machst du so alleine bei diesem Sturm hier draußen?“, streckte der Maus die Hand entgegen und half ihr beim Aufstehen. Die kleine Maus beäugte verdutzt ihr Gegenüber. Ein kleiner Wichtel stand vor ihr. „Komm mit“, forderte der Wichtel die Maus auf. „Bei diesem Wetter erreichst du dein Ziel heute ohnehin nicht mehr.“ Sie war erleichtert über die Einladung des Wichtels mit ihm mitkommen zu dürfen. Es war auch nur ein kurzer Fußmarsch und sie erreichten kurze Zeit später die bescheidene Hütte der Wichtelfamilie.
Die Hütte war sehr klein, aber es war wohlig warm und es duftete herrlich nach Kartoffelsuppe. „Schau, ich habe da jemanden im Wald getroffen, ein einsames, frierendes Mäuschen.“, sagte der Wichtel zu seiner Frau. Drei aufgeweckte Wichtelkinder stürmten auf die Maus zu und stellten neugierige Fragen, wo die Maus denn hin wollte, woher sie kam und warum sie alleine im Wald unterwegs war. Die kleine Maus schämte sich und wusste nicht was sie sagen sollte. Sollte sie sagen, dass sie vor lauter Habgier ihre Freunde vergrault und vergessen hatte? Der Wichtel beauftragte seine Kinder die kleine Maus erstmal etwas ausruhen zu lassen. Die Wichtelfrau deckte den Tisch, brachte den Topf mit der köstlichen Kartoffelsuppe und meinte zur Maus: „Du bist bestimmt hungrig und ausgefroren. Die Suppe wird dir gut tun!“ Die kleine Maus war sehr dankbar und überwältigt über so viel Gastfreundschaft und Fürsorge. Sie hatten die Suppe noch nicht ausgelöffelt, als plötzlich jemand an der Tür klopfte und zwei Eichhörnchen hereinstürmten. Ihr Fell war schwarz und roch nach Rauch. Sie waren so aufgeregt, man konnte sie nur schwer verstehen. Aber es gab im benachbarten Wald einen Waldbrand, viele Tiere waren auf der Flucht, hatten deshalb kein zu Hause und waren auf fremde Hilfe angewiesen. Auch für die zwei Eichhörnchen gab es noch warme Kartoffelsuppe.
Und so kam es, dass an diesem Tisch in dieser kleinen Hütte an diesem Abend sehr unterschiedliche Gesellen saßen. Die Wichtelfamilie lebte in sehr bescheidenen Verhältnissen, aber sie hatten das Wichtigste, das sie zum Leben brauchten. Aber was sie viel mehr auszeichnete, war ihre Nächstenliebe, ihre Barmherzigkeit und Herzenswärme den anderen Bewohnern des Waldes gegenüber. Ohne große Worte, ohne Misstrauen dem Unbekannten und Fremden gegenüber boten sie ihre Hilfe an und machten ihr zu Hause zu einem Ort der Begegnung und der Gastfreundschaft.
Wenn einer den anderen achtet,
und nicht nur nach der eigenen Selbstverwirklichung trachtet,
können wundervolle Dinge geschehen,
haltet Augen, Ohren und euer Herz offen, ihr werdet es sehen!
Die kleine Maus war von der Wichtelfamilie gerührt und beeindruckt zugleich. Es war so viel Liebe und Herzlichkeit in dieser kleinen Hütte. Sie holte ihren Rucksack hervor und teilte die Nüsse und Beeren mit allen Anwesenden. Die Wichtelkinder und die Eichhörnchen hatten leuchtende Augen vor Freude über die Köstlichkeiten. Und die kleine Maus musste sich eingestehen, dass ihr selbst ihre Nüsse und Beeren noch nie so gut geschmeckt hatten wie heute. Es war eine Freude gemeinsam an einem Tisch zu sitzen, zu essen, zu plaudern, sich die Geschichte der anderen anzuhören und sich gegenseitig zu akzeptieren und zu respektieren egal woher man kam. Die Wichtelfamilie war so offen, warmherzig und großzügig. Und plötzlich spürte die Maus einen Hauch von weihnachtlichem Glitzerstaub in der Luft liegen. Und sie dachte sich: „An diesem Ort ist wohl jeden Tag ein bisschen Weihnachten … Oh, wie schön!“
In diesem Sinne wünsche ich euch ein zauberhaftes Weihnachten im Kreise eurer Lieben. Möge auch euer zu Hause ein Ort der Warmherzigkeit, liebevollen Begegnungen und barmherzigen Gesten sein. Und feiern wir Weihnachten, als Fest der Liebe, des gegenseitigen Wahrnehmens und der menschlichen Wertschätzung und nicht als Fest des Kaufrausches und Geschenkewahnsinns. Behalten wir uns ein bisschen Weihnachtszauber für den Rest des Jahres auf!
Herzlichst Cornelia
Schreibe einen Kommentar