Foto: Heinz Rieder

(nach einer Idee von Heinz Rieder, Text Cornelia Schäpe)

Es war einmal eine große, starke Bärin. Sie lebte in einer kleinen, aber sehr gemütlichen Höhle am Fuße eines Berges. Gerne saß sie vor ihrer Höhle und lauschte dem tosenden Gebirgsbach, wie er vom Berg in das Tal donnerte. In dem reißenden Fluss konnte man hervorragend Lachse fangen. Auch den nahe gelegenen Wald durchstreifte sie gerne auf der Suche nach Beeren und anderen Köstlichkeiten. Die Bärin wusste auch, wo es leckeren Honig zu holen gab. Kurz gesagt, sie hatte schon viel erlebt und gesehen.

Aufgrund ihres Wissens und ihrer Lebenserfahrung wurde sie von den anderen Bären gebeten, sich um eine Gruppe von Jungbären anzunehmen. Die weise Bärin sollte ihnen wichtige Verhaltensregeln im Wald vermitteln. So erzählte sie ihnen von ihrer Begegnung mit einem Keiler, die sehr gefährlich war. Sie zeigte den Jungbären welche Beeren giftig und ungenießbar waren und verriet ihnen wie man Honig aus Bienennestern naschte. Die Jungbären machten dabei auch die Erfahrung wie schmerzhaft Bienenstiche waren, aber die weise Bärin stand ihnen auch in dieser Situation mit Rat und Tat bei Seite. Spielerisch, aber mit der notwendigen Konse-quenz, lernten die jungen Bären mit den Anforderungen des Bärenlebens zurechtzukommen. Sie freuten sich stets auf das wöchentliche Treffen mit der Bärin.

Als die Zeit der Lachswanderung gekommen war, nahm die Bärin ihre Schützlinge mit zum Fluss. An einem Seitenarm des Flusses, wo das Wasser etwas ruhiger war, lehrte sie ihnen das Fangen von Lachsen. Das machte den Bären großen Spaß. Die Lachse schmeckten herrlich und für den kommenden Winter mussten die Fettreserven noch aufgefüllt werden. Die Bärin beobachtete die Jungbären aufmerksam und freute sich über deren Begeisterung und Geschick. Immer wieder erinnerte sie die Jungbären an den Rettungsring, der am Ufer des Flusses sicher an einem Baumstamm angebracht war. Für den Fall der Fälle … Man konnte ja nie wissen …

An einem warmen, sonnigen Nachmittag tobten die jungen Bären auf der Wiese herum. Nach geraumer Zeit überkam sie der Hunger und plötzlich hatte eines der Jungbären den Einfall, sie könnten doch dieses Mal alleine zum Fluss gehen um Fische zu fangen. Eines der jungen Bären war etwas vorsichtiger und wollte die anderen davon abhalten, doch diese stürmten schon los Richtung Fluss. Etwas ratlos und fast ein bisschen ängstlich tappste er dann doch den anderen hinterher. Alle sprangen ins Wasser und suchten sich einen guten Platz um schnell einen Lachs zu fangen. Die Tage zuvor hatte es sehr viel geregnet, deshalb war der Wasserstand des Flusses höher und es war schwieriger im Wasser Halt zu finden. Plötzlich rutschte einer der Jungbären auf einem glitschigen Stein aus, fiel ins Wasser und die reißenden Wassermassen rissen ihn mit. Mit einem Mal war aus der lustigen, ausgelassenen Stimmung eine Ernstlage geworden. Die anderen Bären versuchten zu helfen, doch es war ihnen unmöglich ihren Freund aus dem Wasser zu ziehen. Die Wassermassen trugen ihn fort. Aufgeregt liefen sie ans Ufer. Dort standen sie zuerst hilflos und durchnässt. Wie konnten sie ihren Freund bloß retten? Da fielen dem kleinsten und ängstlichsten Jungbären die Worte der weisen Bärin ein. Und der kleine Bär rannte so schnell er konnte zum Baum, an dem der Rettungsring hing. Die einzige Möglichkeit ihren Freund zu retten war, ihm den Rettungsring zuzuwerfen in der Hoffnung, dass er ihn auch greifen konnte. Gesagt, getan. Und wie durch ein Wunder schaffte er es den Rettungsring zu fangen. Die anderen liefen flussabwärts und erst an einer Stelle, an der der Fluss wieder ruhiger wurde, konnten sie den Bären an Land ziehen. Was war das für eine Freude. Die jungen Bären fielen sich um den Hals und waren froh, diese gefährliche Situation doch so gut gemeistert zu haben.

Beim nächsten Treffen mit der Bärin erzählten die Jungbären von ihrem dramatischen Erlebnis. Es schien sie alle sehr zu beschäftigen. Deshalb beschloss die Bärin ihren Freund, einen sehr erfahrenen Lachsfänger und einfühlsamen Zuhörer, bei der nächsten Zusammen­kunft mit den Jungbären einzuladen. An seiner Seite war noch ein weiterer Bär aus einer anderen Gruppe, der von ihm lernen wollte. Der erfahrene Bär ermutigte die jungen Bären von ihrem Erlebnis am Fluss zu erzählen. Er hörte zu, als sie stolz von ihrem ersten, selbst­ständig gefangenen Fisch erzählten. Er rügte sie nicht, weil sie ohne Bärin los gezogen waren und ließ sie auch über die schreckliche Erfahrung erzählen, als ihr Freund im Fluss zu ertrinken drohte. Ohne zu kommentieren, ohne belehrende Worte hörte er zu. Die Jungbären waren sehr froh über ihre Gefühle, ihre Gedanken und das Erlebte in diesem geschützten Rahmen reden zu können. Gemeinsam kehrten sie noch einmal an den Ort des Geschehens zurück, betrachteten den Fluss und den Rettungsring am Baum. Die jungen Bären waren um eine Erfahrung reicher, aber auch glücklich und erleichtert über den Ausgang der Geschichte.

Nun möchte ich euch noch gerne verraten, wie die Geschichte entstanden ist … Heinz Rieder, der unter anderem als Feuerwehrseelsorger arbeitet und zur nachsorgenden Stressverarbeitung nach belastenden Einsätzen ausgebildet ist (kurz SVE), kam mit der Bitte und bereits einer Idee zu mir, ob ich ihn nicht bei einer Geschichte unterstützen könnte. Es ist ihm ein Anliegen der Feuerwehr-
jugend von seiner Arbeit zu erzählen und wie könnte man das Besser, als in einer Geschichte … Ich habe versucht, alle Ideen und Wünsche von Heinz verständlich und doch liebevoll erzählt in eine Geschichte zu „verpacken“ …
Ich wünsche dir, lieber Heinz, noch alles Gute für deine wertvolle Arbeit als Seelsorger und es freut mich, dass ich dich beim Entstehen der Geschichte mit Wort und Tat unterstützen durfte. Und auch allen anderen Lesern auf meinem Blog wünsche ich viel Freude mit meiner neuen Geschichte.

Alles Liebe

Cornelia